Buchbesprechung
Afra Schick
"Möbel für den Märchenkönig -
Ludwig II. und die Münchner Hofschreinerei Anton Pössenbacher"
Verlag Arnoldsche Verlagsanstalt, Stuttgart, 2003
ISBN 3-89790-186-2
248 Seiten, ca. 250 Abbildungen, Hardcover mit Schutzumschlag
Preis: 64,80 Euro (inzwischen schon gebraucht ab 50 Euro)
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Das für Sommer (Mai) 2003 angekündigte Buch, das aus der
Dissertation von 2001 Der Münchner Hofmöbelfabrikant
Anton Pössenbacher, 1873-1903 (Universität München)
hervorging, ist nun endlich pünktlich zu Weihnachten erschienen.
Und tatsächlich ist dieses Buch ein (wenn auch hochpreisiges)
Geschenk: Ein Schatz mit vielen Informationen und durch die vielen
detaillierten Fotos ein Fest für die Augen.
In der Arnoldschen Verlagsanstalt in Stuttgart arbeitet ein junges
Team seit einigen Jahren an vielen interessanten Themen. Die Referenzwerke
gehen über Historische Bestecke, Bunzlauer Keramik sowie Keramik-
und Glasmarkenlexikon. Über das Werk Staats- und Galawagen
der Wittelsbacher haben sie sich dann dem Thema genähert,
mit dem sie dann endgültig mit dem aktuellen Buch thematisch
bei König Ludwig II. von Bayern (1845-1864-1886), nämlich
seinem Hofschreiner, angelangt sind. Eröffnet wurde
die neue Reihe über das 19. Jahrhundert übrigens mit dem
ebenfalls beachtenswerten Buch Richard Wagner und die deutsche
Gesellschaft 1870-1918.
Die 1967 geborene Autorin Afra Schick ist Kunsthistorikerin und
wissenschaftliche Mitarbeiterin (Kustodin) der Möbelsammlung
der Stiftung Preussische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg
in Potsdam. Bei ihrem Buch Möbel für den Märchenkönig
wurde sie von den Fotografen Achim Bunz, Rainer Herrmann, Ulrich
Pfeuffer und Maria Scherf unterstützt.
Das durchgehend in Deutsch und Englisch gehaltene Buch ist in 12
Kapitel unterteilt und enthält einen über 40 Seiten umfassenden
Anhang.
Gleich zu Beginn erfährt der Leser, wie der menschenscheue
20jährige König 1865 dem nur drei Jahre älteren Anton
Pössenbacher in der Residenz begegnete es sollte auch
das einzige Treffen bleiben. Das Gespräch dauerte ungefähr
zwei Stunden. Er [der König] ließ sich den Werdegang
von Pössenbacher erzählen und interessierte sich besonders
für die französischen Schlösser Versailles, Fontainebleau
usw., welche Pössenbacher eifrig studiert hatte. Der König
war sehr gut orientiert und erfreut, sich über alle Einzelheiten
aussprechen zu können.
Der Vater Joseph Pössenbacher hatte bereits für den Münchner
Hof gearbeitet und war bekannt für die anspruchsvolle Möbelfertigung.
Vorbild für die Möbel waren die Eleganz und das Handwerk
aus Wien. Anton Pössenbacher besuchte Paris, das als Zentrum
des luxuriösen Kunsthandwerks galt; er kannte die historischen
Stile nicht nur durch die damals neu gegründete Zeichen-
und Modellierschule in München, sondern eben auch durch
seine Wanderschaft über Wien, Regensburg, Paris, Prag, Dresden
und Berlin.
Anton Pössenbacher wurde in eine Schreinerfamilie geboren
und das Unternehmen bestand bis 1951; sein Großvater hatte
sich 1784 in München niedergelassen. Das Kapitel Der
Hofmöbelfabrikant Anton Pössenbacher gibt einen
Überblick über die Familie und das Wachsen des Unternehmens
von der Schreinerei bis zum Königlichen Hof-Möbelfabrikanten.
Mit 15 Jahren begann Anton die Lehre in der Werkstatt des Vaters
und besuchte dann die spätere Kunstgewerbeschule. 1860 ging
er auf Wanderschaft und kehrte 1863 nach München zurück,
arbeitete in der Werkstatt seines Vaters, bis es zu jener schicksalhaften
Begegnung mit dem seit 1864 regierenden König kam. 1866 übernahm
Anton schließlich den Handwerksbetrieb des Vaters. Interessant
ist, dass sich der Auftraggeber des Vaters, König Ludwig I.,
mit den für ihn tätigen Kunsthandwerkern austauschte
Ludwig II. (der übrigens nicht der Neffe (S. 17),
sondern der Enkel Ludwigs I. war) dagegen scheute ja nicht den Kontakt
zu den so genannten einfachen Leuten, wie Bauern oder Bauarbeitern,
mied aber ein Zusammentreffen mit den Fachleuten.
König Ludwig und das Geld ist ein immer wieder gern herangezogenes
Thema. Inzwischen dürfte jedem klar sein, dass es sich bei
Ludwigs Ausgaben um reine Privatvergnügen handelt, nämlich
die königliche Kabinettskasse wenngleich es sich natürlich
hier dennoch um Steuergelder handelt. Die umfangreichen Lieferungen
für die bayerischen Königsschlösser haben dem Unternehmen
insgesamt beträchtliche Umsätze beschert. So hat Afra
Schick herausgefunden, dass das Protokoll über die Endabrechnung
der Möbellieferungen und Schreinerarbeiten für die Königswohnung
in Neuschwanstein im Baujahr 1883 die definitive Abrechnungssumma
von 197.565 Mark nennt. Alle in 1885 gestellten Rechnungen
Pössenbachers ergaben am 01.01.1886 die Summe von 216.521 Mark.
Durch die Zahlungsunfähigkeit des Königs geriet die königliche
Hofschreinerei an den Rand der Zahlungsunfähigkeit, die noch
nicht bezahlten Raumausstattungen waren aber weitgehend abgeschlossen.
Im März 1886 konnte Pössenbacher bei einer Forderung von
rund 300.000 Mark seine Leute kaum noch wöchentlich bezahlen.
Interessant wären hier Vergleichswerte, um diesen Betrag besser
einschätzen zu können zumal Preise noch öfter
eine Rolle spielen , bspw. durch Angabe der zu dieser Zeit
üblichen Schreiner-Löhne und Preise für alltägliche
Waren sowie auch die Gesamtkosten von König Ludwigs Schlössern.
Leider verschweigt die Autorin aber auch, wie Pössenbacher
dennoch zu seinem Geld kam, waren es doch solche Gläubiger,
die schließlich drohten, den König zu verklagen, was
die Regierung wiederum nicht zulassen konnte. Das Unternehmen
erholte sich jedoch schnell, so jedenfalls Schick, und
schon im Mai 1887 konnte das Firmengelände (
) erweitert
werden.
1888 unterhielt die Firma Zweigstellen in Frankfurt am Main, Leipzig
und London. Der inzwischen zum Kommerzienrat aufgestiegene
Pössenbacher hatte neben privaten Bestellungen auch Aufträge
für öffentliche Gebäude, wie den Justizpalast in
München und den Reichstag in Berlin, bekommen. Die wichtigsten
Aufträge waren nach der Jahrhundertwende luxuriöse
Einrichtungen für Grand-Hotels, darunter das Hotel Vier Jahreszeiten
in München und das Hotel Adlon in Berlin, sowie großbürgerliche
Villen. Anton Pössenbacher starb 1920 in München.
Seit 1879 hat der Entwerfer Hans Jehly sämtliche Entwürfe
geliefert; er verließ das Unternehmen 1902 und so ist
ihm natürlich ein eigenes Kapitel gewidmet. Der Entwerfer ist
natürlich nicht nur ein Zeichner, sondern ebenfalls ein Maler
und Techniker. Er fertigte sämtliche Wandaufrisse und
Möbel, zudem Entwürfe für Eisen, Marmor, Stuck und
Bronze.
In dem Kapitel König Ludwig II. als Auftraggeber
kommt Schick nach den gelungenen und notwendigen Ausführungen
über die Firmengeschichte und die Handwerker endlich
zum Herzstück und Namensgeber des Buches. Auch hier werden
zunächst die Schnittstellen zwischen dem Monarchen und den
Ausführenden, nämlich die Hofsekretäre (Hofrat Düfflipp,
von Bürkel), der Direktor am Hoftheater (Seitz) und der Freund
und Vertraute, der Stallmeister Richard Hornig, vorgestellt. Der
König hatte die Ideen aus den historischen Vorlagen ja selbst,
größtenteils Opern und Dramen, und schilderte diese den
Dolmetschern, die die Vorgaben dann an die ausführenden
Architekten, Maler und eben Schreiner weiterzugeben hatten.
Heute lassen sich die einzelnen Akteure und deren Tätigkeiten
nur schwer rekonstruieren. Die Autorin hat dazu vornehmlich Rechnungen,
Protokolle, Liefer- und Transportscheine recherchiert; man erfährt
aber auch interessante und wenig bekannte Quellen: Im Schreibtisch
von Schloss Linderhof befindet sich ein eingeklebtes Stück
Papier, in dem die beteiligten Künstler genannt werden. Darin
heißt es: Entwurf und Zeichnungen der Details und Arrangement
des Ganzen Herr Anton Pössenbacher. Überhaupt
hat Pössenbacher also außer dem französischen Rollschreibtisch,
dem großen, mit Schildplatt besetzten Schrank sowie der Konsol-
und Waschtische in Herrenchiemsee und der einfacheren Ausstattung
der Dienerschaftszimmer alle Möbel geschaffen.
Um Kosten zu sparen hat König Ludwig II. anfänglich Möbel
von Antiquitätenhändlern und anderen Schlössern besorgen
und restaurieren lassen. Erst als er feststellte, dass die historischen
Möbel nicht seinem Geschmack entsprachen, entschloss er sich,
das gesamte Mobiliar seiner Schlossbauten neu anfertigen zu
lassen.
König Ludwig war ja bekannt für seine großzügigen
bis verschwenderischen Geschenke, wie Schmuck, aber auch Geld. Bei
Pössenbacher ließ er aber weitere Möbel anfertigen,
die er dann verschenkte, wie z. B. einen Damenschreibtisch aus schwarzem
Holz und ein ganzer vergoldeter Salon im Stil des Neorokoko.
Vor den umfangreich bebilderten Kapiteln über die Schlösser
Ludwigs II. und ihre Möblierung findet man dankenswerterweise
den Hinweis, dass alte Fotos meist nur die purifizierten Räume
zeigen; die Schlösser Ludwigs wurden schon wenige Wochen nach
seinem Tod im August 1886 zur Besichtigung freigegeben.
Einige Fotos aus den Lebzeiten des Königs sind abgebildet;
sie zeigen dichtgedrängte Porzellanfiguren und Objets
dart, wie sie sich ursprünglich überall in den Wohnräumen
auf Möbeln und Kaminsimsen befanden. Die meisten dieser Gegenstände
wurden nach dem Tod des Regenten entfernt. Auch in dem Katalog
der Stuttgarter Auktion bei Albert Duss im Oktober 1888 findet die
Autorin Möbelstücke von Anton Pössenbacher.
Der König legte keinen Wert darauf, seine Schlösser oder
die Ausstattung, die ja Teil seines innersten Wesens waren, Außenstehenden
vorzuführen. Nur ganz wenigen Auserwählten wurde das Vergnügen
zuteil. So schließt die Autorin das Kapitel mit einem Zitat
des Königs aus dem Jahre 1877, welches zeigt, wie empfänglich
dieser doch für die geäußerte Bewunderung war: dass
auch mich die Schilderung Ihrer Freude gleichfalls mit wahrer Freude
erfüllt.
Afra Schick geht dann im Folgenden auf die von Ludwig gebauten
Schlösser Linderhof, die Königswohnung in Neuschwanstein
und Herrenchiemsee ein.
Jedem Schloss werden über 30 Seiten gewidmet diese
sind gefüllt mit wunderbaren großformatigen aktuellen
und historischen Bildern (die meisten nach 1886 entstanden) und
Skizzen und Entwürfe. Zu Beginn jedes Schlosskapitels findet
der Leser einen (wenn auch recht klein gehaltenen) Grundriss und
einige Möblierungspläne. Das Besondere an den Fotos sind
neben den ja bekannten Raumansichten die vielen Details
und natürlich die einzelnen Möbelstücke, die im Text
näher besprochen werden. Die Texte wiederum sind sehr tiefgehend,
bis hin zu Anregungen zu Ausstattung und Möbeln, die sich der
König schriftlich bspw. bei Autoren über das Werk des
französischen Malers Watteau besorgte; es werden aber auch
Anregungen und Zitate aus anderen Schlössern genannt.
Interessant ist auch die sonst oftmals in der Literatur vernachlässigte
eigentliche Bestimmung der Möbel, die heute aufgrund der musealen
Einrichtung und Aufstellung vernachlässigt wird. Beispiele
hierfür finden sich in Linderhof, wo die Funktion der Konsolen
und Kleinmöbel als im Historismus beliebte Beistelltischchen
beschrieben wird. Oder der angebliche Thron im Audienzzimmer, das
ja eben ein Arbeitszimmer war, da König Ludwig (in Linderhof)
keine Audienzen gab, sondern bei seinen regelmäßigen
Besuchen hier die Kabinettssekretäre empfing und den Geschäftseingang
bearbeitete. Sehr deutlich werden auch die hohen Ansprüche,
die König Ludwig während der Entstehung sowohl der Schloss-Räume
als auch der Möbel, die ja beide nicht nur sehr schnell, sondern
auch noch sehr hochwertig und genau nach seiner Vorstellung entstehen
mussten. Von Schick benannt sind jeweils auch die Stilrichtungen,
die als Vorbilder für manche Möbel dienten, wie z. B.
ausgewählte Verzierungen und Profile byzantinischer und
deutscher Architektur (Lesestuhl/Vorbild: mittelalterlicher
Betstuhl), Faltsessel der Renaissance und der Bücherschrank
nach dem Muster auf der Wartburg und viele Werke über
Versailles, die Grundlage für die Entwürfe in Herrenchiemsee
wurden. Leider gibt es einige Dinge, die Afra Schick nicht weiter
erläutert, wie die Chaises percées (Aborte)
und die Räucherständer, die nicht nur sehr aufwändig,
sondern auch wichtig für den König waren, etwa wenn die
Zimmer mit Weihrauch ausgeräuchert werden mussten.
Das Buch belegt, dass König Ludwigs Stil gar nicht so abwegig
und einseitig war: Afra Schick zeigt auf, dass bspw. die in Linderhof
und Herrenchiemsee so bestaunten Tischlein-Deck-Dich
schon früher im Gebrauch waren. Schon bald nach des Königs
Tod wurden Möbel, wie der Linderhofer Schreibtisch vom Fürsten
Thurn und Taxis in Regensburg, als Kopie in Auftrag gegeben.
Es zeigt aber auch, dass Herrenchiemsee gerade keine Kopie von
Versailles ist, sondern sich insbesondere durch die Möbel unterscheidet,
die teilweise filigraner, moderner, ja aussagekräftiger, weil
individueller waren als die Vorbilder. Einen Augenzeugen von 1883
zitiert Schick, der berichtete: Herrenchiemsee komme hiegegen
das Schloß in Versailles wie eine halbe Ruine mit verblichenem
Glanze vor.
Erfreulicherweise spricht die Autorin nicht nur die Möbel
an, sondern die gesamte Raumkonzeption (Tapete, Teppiche)
und nicht nur die Schlösser, sondern immer auch die gesamte
Konzeption (Parkanlagen, kleinere Gebäude).
Ausgerechnet der als Titelbild verwendete Pfauenthron
im Maurischen Kiosk scheint nicht von Pössenbacher zu stammen.
Allerdings wurden wohl die Parkbauten in Linderhof, die Pavillons
und Laubengänge, von der Hofmöbelfabrik Pössenbacher
geschaffen.
Bevor Afra Schick dann zu dem Kapitel über Die Möbelfabrik
Pössenbacher kommt, werden in drei weiteren Kapiteln
die Tätigkeitsfelder Pössenbachers vorgestellt: zunächst
war Anton Pössenbacher für einen weiteren König tätig,
nämlich den aus Sigmaringen stammenden König Carol (Karl)
I. von Rumänien (1839-1881-1914) in Bukarest. Einen weiteren
Tätigkeits-Schwerpunkt der Hofschreinerei beschreibt Schick
im Kapitel Einrichtungen für Villen und Wohnhäuser,
mit sehr schönen Werken zum Ende des 19. Jahrhunderts für
Kunden im ganzen deutschen Kaiserreich. Und schließlich zeigt
das Kapitel Ausstattungen für Ladengeschäfte und
öffentliche Bauten dem Leser einen weiteren Inbegriff
der künstlerischen und handwerklichen Fähigkeiten Pössenbachers.
Neben der Ausstattung eines Ladengeschäftes für Handschuhe,
lieferte Pössenbacher die Vertäfelung und Möbel der
beiden Restaurants im Berliner Reichstagsgebäude. Leider fielen
die Ausstattungen im Februar 1933 dem Reichstagsbrand zum
Opfer.
Die Möbelfabrik Pössenbacher hat ihr Geschäft sehr
ernst genommen: Der Leser erfährt wie die Möbel jeweils
vom ersten Kundenkontakt über Zeichnungen und malerischen Darstellungen
entworfen wurden und schließlich die Fabrikation
begann. Frau Schick geht dabei auch sehr auf die verwendeten Materialien
ein. Einige Pössenbacher-Arbeiten wurden in Zeitschriften besprochen,
einige Möbel in Ausstellungen gezeigt. Afra Schick fand heraus,
dass sich für die Möbelfabrikanten nur dann neue Chancen
eröffneten, wenn sie ihr Angebot auf andere Zweige der
Innenausstattung ausdehnten und die künstlerische Qualität
mit der technischen Entwicklung Schritt hielt. Pössenbacher
lieferte stilistische Qualität.
Afra Schick schließt ihr Buch mit dem für König-Ludwig-Interessierte
wichtigen Kapitel Die Poesie des Königstums. Sie
erinnert hier noch einmal daran, dass bspw. die Ausstattung der
Schlafzimmer zwar durchaus an das barocke Lever und
Coucher erinnern, aber nie für solche Zeremonien
genutzt wurden. Gerade das Neuschwansteiner Schlafzimmer wird als
Beleg dazu angeführt, dass es eher zur nächtlichen
Lektüre im Lesestuhl bestimmt war. Sie betont auch, dass
das ursprüngliche Aussehen nur noch sehr schwer
vorstellbar ist, da viel Persönliches, wie auserlesenster Nippes,
Elfenbein-Schnitzereien, Fabeltiere aus Lapislazuli, viele kleine
Väschen, Döschen und Schatullen, verschwunden ist, aber
sehr entscheidend für den Gesamteindruck wäre.
Viele Vorhänge, Möbelbezüge, Läufer und Tischdecken
trugen zur Stimmung des Interieurs bei und sind ebenfalls
entfernt. Ganz wichtig waren dem König die Düfte, sowohl
Parfums an sich selbst, als auch Blumen in Jardinièren, Buketts
aus Maiblumen und Vergissmeinnicht. Im Schloss Herrenchiemsee
ließ Ludwig II. im Südtreppenhaus Tausende blühender
Rosen, Lilien, Orangenblüten und Jasmin aufstellen. Die
Autorin schließt das Buch mit den Eindrücken, die der
Schriftsteller Felix Dahn bei einer Audienz im Sommer 1873 erlebte
und zu dem der König über sich sagt: ich liebe in
dem König Sonne die Poesie des Königthums.
Das hervorragend geschriebene Buch ist auch für den Laien
leicht verständlich und lässt ohne einen trocken-wissenschaftlichen
Stil einer Dissertation die Fachkenntnisse und wunderbare
Eindrücke zurück. Sehr schön ist der Anhang, der
nun evtl. unklar verbleibende Fachausdrücke im Glossar (auch
zweisprachig) erklärt sowie ein obligatorisches Abkürzungsverzeichnis
enthält.
Sehr gelungen ist der Autorin der Katalog, auf den
auch entsprechend erläuternd im Text hingewiesen wird. Dieser
Katalog greift die Raumnummern der Schlösser aus den aktuellen
Amtlichen Führern auf. Hier werden neben Datierung
(Rechnungstellung), Maße, Polster, Standorte (früher
und heute) auch noch weitere Literatur-Angaben vermerkt. Die Fußnoten
im Text selbst sind ebenfalls dezent gesetzt, aber immer hilfreich
auf der gleichen Seite notiert.
Das Gesamt-Literaturverzeichnis enthält alle wesentlichen
Quellen sowie umfangreiche Sekundärliteratur. Das Register
(das sich nur auf den deutschen Text bezieht) enthält nur
Namen, ein Stichwortregister wäre vielleicht noch hilfreich
gewesen.
Nun stellt sich bei der schier unüberschaubar großen
Zahl an bereits existierenden Bild- und Themenbänden zu König
Ludwig II. von Bayern und seinen Schlössern vielleicht doch
dem ein oder anderen die Frage, ob ein Buch notwendig ist, das sich
nur mit Ludwigs Schreiner beschäftigt. Bei diesem
reich gedeckten Tisch, den dieses Buch bietet, kann die Antwort
nur JA lauten. Man kann den historisch interessierten Lesern
auch über König Ludwig hinaus nur wünschen,
dass Frau Schick nach ihrer Einarbeitungsphase in der Schlösserdirektion
der Preussischen Schlösser und Gärten noch
viel von sich hören bzw. lesen lässt.
Berlin, 14.01.2004
ludwig-zwo@michaelfuchs.de
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